Wie monopolisieren Tech-Riesen den digitalen Raum? Ein Interview mit Edward Shone

Wie monopolisieren Tech-Riesen den digitalen Raum? Ein Interview mit Edward Shone

Es gibt keine bessere Gelegenheit über Themen wie Privatsphäre, Meinungsfreiheit und den allgegenwärtigen Datenmissbrauch zu sprechen als den jetzigen Zeitpunkt, an dem ein Dokumentarfilm wie "Das Dilemma mit den sozialen Medien" die Öffentlichkeit aufrüttelt, indem er die subtilen Mechanismen hinter sozialen Plattformen enthüllt.

Und genau diese Themen werden wir in der nächsten Folge unserer Podcast-Serie under CTRL mit unserem Gast Edward Shone, PR- und Kommunikationsmanager bei ProtonMail, besprechen. Unser Ziel ist es, diese Debatte mit Unternehmen, die langjährige Befürworter der digitalen Privatsphäre sind, mitzugestalten und das Bewusstsein zu stärken. In unserem Gespräch gehen wir auf weitere Details dazu ein, wie Tech-Akteure wie Facebook, Google, Amazon und Apple die Online-Welt beherrschen und was die Aussichten für eine private Zukunft sind. Ist Privatsphäre eine Utopie und befinden wir uns auf dem Weg in eine dystopische Welt, in der diese völlig ausgelöscht sein wird?

ProtonMail, der Ende-zu-Ende-verschlüsselte E-Mail- und VPN-Service, wurde 2014 von dem Wissenschaftler Dr. Andy Yen und seinen Kollegen bei CERN gegründet. Im Zuge der Snowden-Enthüllungen entwickelten sie ihre Vision ein Produkt zu schaffen, das die Privatsphäre schützt und vor Cyberanfällen sicher ist: den sichersten E-Mail-Dienst mit verschlüsselten Anhängen. Die Tatsache, dass ProtonMail und Tresorit als datenschutzkonforme Anbieter eine gemeinsame Mission verfolgen und beide den Datenmarkt stets im Auge behalten, bot eine gemeinsame Grundlage für unser Gespräch.

Auch wenn viele der von uns gestellten provokativen Fragen unbeantwortet bleiben – sei es bezüglich des Problems des Datenmissbrauchs durch Tech-Riesen und Regierungen, der von sozialen Plattformen angewandten manipulativen Techniken oder der der Tech-Entwicklung hinterherhinkenden gesetzlichen Vorschriften – scheint sich laut Ed ein Trend zu verstärken: "Momentan gibt es einen Wandel im Bewusstsein. Er hat sich vor fünf, sechs Jahren abgezeichnet und kommt gerade richtig in Schwung, Monat für Monat, indem die Menschen erkennen, wie ihre Privatsphäre und Daten durch Organisationen und Regierungen weltweit missbraucht werden."

In unserer Analyse gehen wir darauf ein, wie sich der digitale Raum entwickelt und unser ganzes Leben verändert hat. In diesem Kontext reflektiert Ed über die Geburt des Internets, die ursprüngliche Idee einer vernetzten Welt, den freien Informationsaustausch und “die grandiose Hoffnung auf die Demokratisierung der Demokratie." Dasselbe Tool, das die Kommunikation entgrenzen kann, lässt sich auch zur Manipulation – sogar für die Unterdrückung von Menschen – missbrauchen. Die Art und Weise, wie die chinesische Regierung ihre Überwachungs- und Zensurmechanismen in Hong Kong ausbaut ist nur ein Beispiel für die Konsequenzen, die entstehen, wenn Technologie von einem autoritären Regime für falsche Zwecke verwendet wird.

Nach unserer Diskussion über extreme Regierungspraktiken thematisieren wir die immer raffinierteren Wege, auf denen Tech-Unternehmen unsere Daten verwenden. Ihr geschickt ausgearbeitetes und sich stets verfeinernde Geschäftsmodell besteht darin, Menschen in ahnungslose Opfer ihrer hinter den sozialen Plattformen agierenden Werbungsmaschinerie zu machen. Folglich zahlen die Nutzer, denen diese Services scheinbar kostenlos zur Verfügung gestellt werden, in der Tat einen sogar noch höheren Preis in Gestalt ihrer immer weiter schrumpfenden Online-Privatsphäre.

Jeder von uns hat sicherlich bereits einmal den Aha-Moment erlebt, wenn Facebook unsere unausgesprochenen Gedanken, die nicht einmal gegoogelt wurden, plötzlich "erraten" und eine Werbung punktgenau eingespielt hat. Mit unserem Interviewpartner kommen wir zu dem Schluss, dass mit der Verfeinerung der verhaltensbasierten Werbetaktiken – wie Ed es treffend formuliert – "die Grenze zwischen Werbung und Manipulation" immer weiter verschwimmt.

Menschen haben wenig Kenntnis darüber, wie komplexe Algorithmen immer präzisere Profile über sie erstellen, indem alle Daten und im digitalen Raum hinterlassenen Spuren zusammengebündelt werden. Die extremste Form des Datenmissbrauchs in den sozialen Medien ist deren Nutzung zur politischen Manipulation der Massen. Denken Sie beispielsweise nur einmal an die US-Präsidentenwahl 2016 oder die Brexit-Abstimmung 2018.

Trotz dieser destruktiven Datennutzungspraktiken haben wir einen positiven Blick auf die Zukunft. Ed sieht die Verantwortung von datenschutzkonformen und sicherheitsfokussierten Unternehmen wie ProtonMail und Tresorit darin, dass ihre Services es Menschen ermöglichen, "die Kontrolle über ihr komplettes digitales Leben zurückzuerlangen." Er betont jedoch, dass der menschliche Faktor dabei eine wichtige Rolle spielt. "Wenn Kunden umsteigen, wird der Markt ihnen ebenfalls folgen."

Andererseits müssen auch die Aufsichtsbehörden ihre Hausaufgaben erledigen. In diesem Sinne hat die Datenschutzgrundverordnungder EU (DSGVO) mit der Regelung, wie personenbezogene Informationen gehandhabt werden dürfen, Pionierarbeit geleistet. Auch wenn diese Initiativen sich nach der "Versuch-und-Irrtum-Methode" und mit stetigen Selbstkorrekturen entwickeln, folgen viele Länder bereits dem Trend und sind dabei, ihre eigenen Datenschutzgesetze zu erarbeiten.

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